Wir befinden uns im Jahre Anno Domino 1959. Die Freiwillige Feuerwehr in Herberhausen hat ihr 25jähriges Bestehen gerade begangen und der Erzähler der nächsten Epoche von 25 Jahren ist zu diesem Zeitpunkt gerade 4 Jahre alt. Natürlich kennt er diese Feuerwehr noch gar nicht und es sollte noch 17 Jahre dauern, bis er sie richtig kennen lernt und dann auch ihr aktives Mitglied werden wird.

 Wettkampfgruppe in Waake 1958 Der Gemeindebrandmeister ist Karl Margraf sen.. Er wird auf einer Monatsversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Herberhausen am 06.02.1959 vom neuen Gemeindebrandmeister Hermann Bergen abgelöst. Die Wahl war nicht ganz einfach, war es doch damals erforderlich, dass der amtierende Gemeindebrandmeister sein Amt gegenüber der Gemeinde zur Verfügung stellen musste. Dies war bis zu diesem Tage nicht geschehen und der Bürgermeister August Grothey hatte aus diesem Grunde erstmal Einwände zu einer Neuwahl. Auf Befragung durch eben den Bürgermeister stellte dann Karl Margraf sen. sein Amt zur Verfügung.Nachdem August Grothey feststellte, dass der Verwaltungsausschuss wohl eine Einwände gegen die „Zur Verfügung Stellung“ des Amtes des Gemeindebrandmeisters hätte, ebnete er hiermit den Weg für die Neuwahl. Mit 12 Stimmen für ihn, 2 Stimmen für einen zweiten Kandidaten und bei zwei Enthaltungen wurde Hermann Bergen jun. als neuer Gemeindebrandmeister gewählt. Er sollte die Geschicke der Freiwilligen Feuerwehr Herberhausen über einen sehr langen Zeitraum, nämlich bis zum Jahre 1974, leiten. Nicht annähernd konnten seine Vorgänger auf eine derzeit lange Amtsdauer zurückblicken. Für mich ein Zeichen, dass er seine Arbeit zur Zufriedenheit aller erledigt hat.

Der interessierte Leser dieser Seiten wird wissen, welchen Inhalt und welchen Umfang das Protokoll einer Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Herberhausen zur heutigen Zeit hat. Zur damaligen Zeit gab es neben diesen obligatorischen Jahreshauptversammlungen zusätzliche, so genannte Monatsversammlungen. Um den Unterschied zwischen damals und heute einmal aufzuzeigen, möchte ich an dieser Stelle das Protokoll einer Monatsversammlung veröffentlichen. Es handelt sich aus heutiger Sicht um ein teilweise „amüsantes“ Protokoll und ich bitte die verehrten Leser, sich nicht zu tief in den Inhalt hinein zu versetzen.


 

„Protokoll von der Monatsversammlung am 20.10.1961 in der Gastwirtschaft Lockemann. Die Versammlung wurde vom Gemeindebrandmeister um 20.30 Uhr in Anwesenheit von 14 Aktiven und 1 Fördermitglied eröffnet.

 

TAGESORDNUNG

 

  1. Begrüßung durch den Gemeindebrandmeister
  2. Schadenfälle
  3. Generalversammlung
  4. An- und Abmeldungen
  5. Antrag Lockemann
  6. Verschiedenes


zu Punkt 1

Der Gemeindebrandmeister begrüße die anwesenden Kameraden und bedauert das mangelhafte Erscheinen.

zu Punkt 2

Die Schadensfälle vom Brand Kühne am 03.10.1961 wurden aufgenommen und sollen bei den zutreffenden Feuerversicherungen, bei der jeder einzelne Hausrat versichert ist, eingereicht werden.

zu Punkt 3

Die diesjährige Generalversammlung soll nicht wie üblich, sondern wegen dem niedrigen Kassenbestand ohne Frauen und Tanz durchgeführt werden. Hierüber wurde abgestimmt und einstimmig angenommen. Hierzu sollen etwa 100,00 DM vom Kassenbestand genommen werden. Die Versammlung wurde auf den 18.11.1961 festgesetzt.

zu Punkt 4

Unter Neuanmeldungenfallen: Hartmut Bergen, Hartmut Koch, Uwe Scheede, Jürgen Huhnold

zu Punkt 5

Vom Kameraden E. Lockemann wurde ein Antrag eingereicht, um unseren Gemeindebrandmeister, bei seiner gerichtlichen Bestrafung von der letzten Maskerade, etwas zu entlasten. Da Kamerad Lockemann selbst einen Betrag dazu beiträgt, wurde in der Versammlung beschlossen, vom Kassenbestand etwa 70,00 DM abzugeben. Außerdem soll unter den Kameraden eine Sammlung durchgeführt werden. Auch dieser Betrag soll die Bestrafung des Gemeindebrandmeisters weiter lindern.

zu Punkt 6

Nach Aussage von Herrn Rudi Heer und Herrn Reichpietsch soll bei dem Brand an der Knochenmühle (Kühne) von der Brauerei ein Fass Bier für die Feuerwehr gestiftet worden sein und bei dem Gastwirt Rodemüller abgegeben ist. Bei meinen Anfragen äußerte sich Herr Rosemüller, ihm sei von einem Faß Bier nichts bekannt. Es soll bei Herrn Heer oder Reichpietsch nochmals nachgefragt werden.

Es wurde angeregt, wenn möchlich, von den jüngeren Kräften einige zu Lehrgängen und auf Schule zu schicken. Da Klaus Grothey jetzt in Waake wohnt, soll ein Vertreter als Maschinist beim nächsten Dienst bestimmt werden.

Die Versammlung wurde vom Gemeindebrandmeister um 22.00 Uhr geschlossen.

Der Gemeindebrandmeister

Der Schriftführer“


 

Nachdem ich die weiteren Protokolle durchgeblättert und gelesen hatte, stolperte ich in dem Protokoll vom 27.01.1962 wieder über das „verloren“ gegangene Fass Bier. Auch dieser Auszug aus dem Protokoll erscheint mir für die Nachwelt einfach erhaltenswert:

 

„zu Punkt 3

 

In der Versammlung vom 20.10.1961 wurde über das Faß Bier gesprochen, dass angeblich von der Stadt-Brauerei gestiftet sei, aber bei Gastwirt Rosemüller nicht abgegeben sei. Nach meiner nochmaligen Nachfrage ist ein Faß Bier von der Frau Rosemüller bei der Brauerei angefordert worden, aber nicht für die Freiwillige Feuerwehr ausgeschenkt worden. Bei einer Anfrage bei Herrn Reichpietsch, erklärte uns dieser, dass die Brauerei ein Faß nochmals für die Freiwillige Feuerwehr gestiftet werden sollte. Aber um den Streit mit Herrn Rosemüller beizulegen, soll das Faß Bier auch bei ihm getrunken werden. Da ich mich mit Herrn Rosemüller geeinigt habe, legen wir den Abend des 03.02.1962 fest, bei ihm das Faß Bier (25 Liter) auszuschenken.“

 

Man sieht, dass die damalige Zeit selbstverständlich auch ihre Probleme hatte, allerdings waren diese anderer Gestalt, als sie es heutzutage sind. Die Texte sind so aus den Protokollbüchern übernommen, wie sie dort tatsächlich niedergeschrieben sind. Ich bitte den Leser daher um sein Verständnis für die manchmal nicht einwandfreie Grammatik, aber ich bin davon überzeugt, dass gerade dies das Lesen in besonderem Maße interessant macht.

 

In der Chronologie der Freiwilligen Feuerwehr muss unbedingt festgehalten werden, dass im Jahre 1960 die Feuerwehr in Herberhausen eine fabrikneue Tragkraftspritze erhält. Diese soll bei den großen Bränden im Jahre 1961 eine große Hilfe für die aktiven Mannen darstellen; brannte es in diesem Jahr doch vier Mal: die Stallung bei Mitteldorfs, ein Gebäude beim Sägewerk Kühne an der Knochenmühle, die Scheune der Familie Deilke und die Scheune am Mühlenhof. Hinzu kommt in diesem Jahr auch noch ein in der Jahrhundertchronik zu erwähnendes Hochwasser. In der heutigen Zeit würde man auf einer Jahreshauptversammlung von einem „sehr ereignisreichen Jahr“ sprechen.


Die Entwicklung der Feuerwehr in Herberhausen wird schnelllebiger. Am 01.01.1963 wird die Gemeinde Herberhausen durch den Eingemeindungsvertrag ein Stadtteil der Stadt Göttingen. Auch die Feuerwehr erhält nun einen anderen Status. An dieser Stelle sei erwähnt § 15 des Eingemeindungsvertrages:

 

§ 15

Feuerschutz

 

Die freiwillige Feuerwehr der Gemeinde bleibt bestehen und übernimmt den Feuerschutz es Ortsteils zusammen mit der städtischen Berufsfeuerwehr. Hinsichtlich ihrer Einrichtungen wird die Stadt alle Maßnahmen treffen, die im Interesse einer wirksamen Brandbekämpfung erforderlich erscheinen.

Aus diesem Paragraphen lässt sich eines deutlich ablesen: Die Politiker der damaligen Zeit waren mit Ihren Formulierungen genauso vorsichtig, wie diejenigen in der heutigen Zeit. Denn: „die Stadt wird alle Maßnahme treffen, die erforderlich erscheinen, nicht diejenigen, die erforderlich sind.

Nichts desto Trotz heißt seit dieser Eingemeindung die Freiwillige Feuerwehr Herberhausen von da an Löschgruppe Herberhausen; später Löschzug Herberhausen.

 

 Was hat so eine Eingemeindung dann nicht doch alles für Vorteile? Bekommen wir in Herberhausen dadurch nun ein richtiges Löschgruppenfahrzeug, einen LF 8. Übrigens, dieses Fahrzeug durfte der Erzähler, der mittlerweile 9 Jahre alt ist, nach seinem Eintritt in die Aktive Wehr der FF Herberhausen auch noch zu verschiedenen Anlässen selbst bewegen. Die Kosten dieses Fahrzeugs bezifferte der damals zuständige Brandamtmann Grote (Leiter der Feuerwehr Göttingen) auf einer eigens hierfür einberufenen Versammlung mit 39.000,00 DM. Ferner ständen zur Verfügung 3.000,00 DM für Schlauchmaterial, 4.000,00 DM für Uniformen und Ausrüstung, sowie 4.000,00 DM für Geräte. Voraussetzung für die Neuanschaffung wäre allerdings eine Stärke der Ortswehr von 22 Aktiven und diese wären es zur Zeit nicht. Es erging daher ein Appell an die Passiven Feuerwehrmänner, den „blauen Rock“ wieder überzustreifen und in den aktiven Dienst zurückzukehren. Dieser Bitte wurde offensichtlich Folge geleistet, kann man doch dem Protokoll der Generalversammlung vom 11.01.1964 entnehmen, dass das Fahrzeug da bereits vorhanden war.

 

Die Anschaffung dieses Fahrzeuges hatte zur Folge, dass die vorhandene Unterkunft platzmäßig nicht mehr ausreichte und ein Umzug unumgänglich wurde. So zog man im Jahre 1966 vom Weinberge in das Zentrum von Herberhausen, den Mühlenhof, heute „An der Mühle 8“. Raum für Mitgliederversammlungen hat man hierdurch jedoch noch nicht geschaffen. Die stattfindenden Generalversammlungen bzw. Jahreshauptversammlungen finden nach wie vor im Landgasthaus Lockemann statt.


Im August 1969 kommt nun endlich auch die Jugend zu ihrem Recht. Es wird die Jugendfeuerwehr Herberhausen mit 12 Jugendlichen im Alter von 12-15 Jahren unter der Leitung von Hartmut Bergen gegründet. Diesen zusätzlichen Dienst mit den Jugendlichen zu verrichten ist nicht immer ganz einfach. Muss man doch nicht nur auf die feuerwehrtechnischen Fähigkeiten hinarbeiten, sondern auch auf die Geselligkeit im Bereich Sport, Spiel und Spannung Wert legen. Macht man dies nicht, werden Jugendliche schnell verprellt und haben keinen Spaß mehr am Dienst in einer solchen Gemeinschaft. Dies wäre im Jahr 1973 fast geschehen, aber im Jahr 1974 gab es hier durch einen Personalwechsel eine Kehrtwendung zum Guten und die Jugendfeuerwehr wurde zu einem unauslöschlichem Bestandteil der Freiwilligen Feuerwehr Herberhausen. Leider ist aus den niedergeschriebenen Protokollen nicht viel bzw. nichts über die Jugendarbeit nachzulesen. Den „Bericht des Jugendfeuerwehrwartes“, den heute jeder aus den Jahreshauptversammlungen kennt, gab es zur damaligen Zeit leider noch nicht.

 

 

 Am 16.11.1974 erlebte ich den ersten großen Brand in Herberhausen.Es brannte die Scheune des Landwirts Manfred Lockemann in voller Ausdehnung. Die meisten der aktiven Feuerwehrmänner saßen an diesem Abend im Gasthaus Quentin (bei „Hein“) um den Film die Feuerzangebowle zu sehen als die Sirene diese schon damalige Kultveranstaltung jäh beendete. Dieser Brand war für mich die Initialzündung dann auch Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr Herberhausen zu werden. Unter dem Ortsbrandmeister Hermann Linne und mit der Zustimmung der Aktiven dieser Wehr durfte ich nach geheimer Abstimmung in diese Freiwillige Feuerwehr eintreten. Danke!

 

Im Jahr 1977 herrschten die verheerenden Waldbrände in der Lüneburger Heide. Auch aus der Ortsfeuerwehr Herberhausen mussten einige Kameraden an diesem überaus gefährlichen Löscheinsatz teilnehmen. Glücklicherweise sind alle gesund wieder nach Hause zurück gekehrt.

 

Ein weiterer nennenswerter Einsatz war der Brand einer bewohnten Baracke in der Nähe der Knochenmühle. Der Bewohner war glücklicherweise nicht in seiner Unterkunft, denn diese Behausung brannte bis auf die Grundmauern ab. Nicht verheimlichen möchte ich bei diesem Einsatz einen größeren Schaden an unserem Unimog, welcher beim rückwärts setzen mit halbvollem Wassertank in Schräglage geriet und umstürzte. Die größte Schwierigkeit bei diesem Einsatz war die Bergung dieses Fahrzeuges in sehr unwegsamem Gelände.

 

Aber nicht nur bei Feuer ist die Einsatzkraft der Feuerwehr gefragt, sondern auch bei Hochwasser. Im Jahr 1981erlebte Göttingen eines der schlimmsten Hochwasserkatastrophen des 20. Jahrhunderts. An 4 Tagen war die Ortsfeuerwehr Herberhausen an 24 Stunden am Tag im Einsatz um größeren Schaden zu verhindern. Manchmal hatte man den Eindruck vom ungleichen Kampf David gegen Goliath, lief doch das Wasser aus den natürlichen Quellen schneller wieder nach als man es irgendwo herauspumpen konnte.

 

Im Jahr 1983 feierten wir im Rahmen unseres 50jährigen Bestehens die Stadtleistungswettbewerbe in Herberhausen. Und noch einen Höhepunkt sollte es in diesem Jahr geben: Am 21.07.83 übernahmen wir das langersehnte neue Löschgruppenfahrzeug, einen brandneuen LF 8.

 

Mein Bericht endet im Jahr 1984, in dem Jahr, in dem wir mit dem Bau einer neuen Unterkunft begonnen haben und die alte abgerissen werden musste. Aber hier will ich mich nicht länger austoben, soll doch der Berichterstatter der nächsten 25 Jahre auch noch etwas zum niederschreiben übrig behalten.